Publikation

Patientin mit Schwangerschaft, Borderline-Organisation und schwerer Polytoxikomanie

Stufenprogramm mit stationären, teilstationären und ambulanten Elementen

Wissenschaftlicher Artikel/Review - 22.04.2021

Bereiche
Schlagwörter (Tags)
Schwangerschaft; Polytoxikomanie; stationäre Entzugsbehandlung; Substitution; Borderline Persönlichkeitsorganisation
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Zitation
Brokatzky S. Patientin mit Schwangerschaft, Borderline-Organisation und schwerer Polytoxikomanie - Stufenprogramm mit stationären, teilstationären und ambulanten Elementen. Suchttherapie 2021; 22:1-8.
Art
Wissenschaftlicher Artikel/Review (Deutsch)
Zeitschrift
Suchttherapie 2021; 22
Veröffentlichungsdatum
22.04.2021
Seiten
1-8
Verlag
Georg Thieme Verlag KG (Stuttgart · New York)
Kurzbeschreibung/Zielsetzung

Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit war es, die Komplexität von Schwangerschaft und Sucht durch ein Fallbeispiel einer Patientin mit schwerer Polytoxikomanie, Borderline-Organisation sowie den Verlauf der Schwangerschaft und die frühe Phase nach der Geburt vorzustellen. Dabei ging es v. a. um die Frage, wie eine langfristige Behandlung mit einem mehrstufigen, multiprofessionellen und multimodalen Setting aussehen könnte. Die Arbeit zeigt zudem Konflikte an Schnittstellen auf und wie wichtig die Kommunikation innerhalb des Teams und fachübergreifend war.

Intervention: Qualifizierte stationäre Entgiftungsbehandlung von Benzodiazepinen, Phenothiazin, Lyrica Venlafaxin und Reduktion von Methadon mit anschließender Umstellung auf Buprenorphin sowie ergänzender kombinierter ärztlicher, psychodynamischer Einzel- und Gruppentherapie und einem pflegerischen DBT-S Einzel- und Gruppensetting. Außerdem wurde schon während der Schwangerschaft zusätzlich zum stationären Behandlungsteam ein fächerübergreifendes Behandlungsteam aus Gynäkologen, Kinderärzten, Kinder- und Jugendpsychiatern sowie der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB, in Deutschland Jugendamt) zusammengestellt und schon zu Beginn wurde eine langfristige Behandlung mit stationärem, teilstationärem und ambulantem Intervall geplant.

Ergebnis: Im Laufe der fast 3-jährigen Behandlung und 5 Jahre späteren katamnestischen Nachuntersuchung konnte zunächst unter 8 mg Buprenorphin eine Abstinenz von illegalen Substanzen erzielt werden. Im Verlauf sogar vollständige Abstinenz ohne Substitution. Dies konnte durch ein erneutes Interview und Drogenscreening im Jahr 2020 bestätigt werden. Außerdem konnte im Rahmen der fächerübergreifenden Arbeit ein stabiles soziales Umfeld und ein Wiedereinstieg ins Berufsleben erreicht werden.

Diskussion: Trotz der anfänglich häufigen Rückfälle konnte durch den Erhalt der therapeutischen Beziehung (z. B. mittels Time-out auf die Akutstation, Verlängerung einer Wochenendbeurlaubung oder Neuverhandlung der Behandlungsvereinbarung) unter Fortsetzung der Einzelpsychotherapie und Bezugspflege mit Einbezug der Rückfälle, gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung geschaffen werden. Dafür war allerdings viel supervisorische Arbeit innerhalb des Teams, aber auch fächerübergreifend notwendig, da sich die extreme innerer Welt der Patientin häufig in unterschiedlicher Art und Weise im multiprofessionellen Team zeigte und dadurch zu Konflikten führte, die passager das Verlassen der Neutralität verlangten. Ferner waren für diese Art der Behandlung enorme Ressourcen notwendig sowohl zeitlich als auch personell.