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Arbeitsunfähigkeit nach leichter traumatischer Hirnverletzung: eine Untersuchung mit Magnetresonanztomographie und einer einjährigen neuropsychologischen Nachkontrolle
Automatically Closed · 2012 until 2015
Germann Aline, Fournier Jean-Yves, Engel Doortje
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Brief description/objective
HINTERGRUNDINFORMATION
Die leichte traumatische Hirnverletzung (LTHV, umgangssprachlich bekannt als Gehirnerschütterung) gehört zu den am häufigsten gestellten Diagnosen in den Notfallstationen. Gemäss Zahlen der SUVA sind ca. 7'500 Patienten pro Jahr betroffen. Die wahre Inzidenz ist wahrscheinlich um einiges höher, da viele Patienten nach einer LTHV nie eine medizinische Beurteilung / Behandlung in Anspruch nehmen, sofern sich die Symptome nicht verschlimmern oder persistieren. Die meisten pathophysiologischen Prozesse nach einer LTHV normalisieren sich innerhalb von 3 bis 7 Tagen und viele Patienten können rasch an ihre Arbeitsstelle zurückkehren. Jedoch persistieren in 20-50% der Fälle körperliche, kognitive und emotionale posttraumatische Symptome über 3 Monate hinaus. Dies verursacht neben grosser emotionaler Belastung bei den Betroffenen und ihren Angehörigen, enorme sozio-ökonomische Kosten. Da das CT für die Diagnose einer LTHV keine pathologischen Befunde aufweisen darf, wird ersichtlich, dass diese Bildgebung nicht als prädiktiver Indikator für ein ungünstiges Outcome verwendet werden darf. Es wurden hingegen bereits mehrere Studien publiziert, welche einen Zusammenhang zwischen mikrostrukturellen Schädigungen der weissen Substanz gemessen mit Hilfe moderner Verfahren der Magnetresonanztomographie (MRT) und anhaltenden kognitiven Defiziten gemessen mit neuropsychologischen Verfahren bei Patienten mit LTHV nachweisen konnten. Mit den neuen Verfahren der MRT - Suszeptibilität gewichtete Bildgebung (SWI) und Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) - können im CT unsichtbare kleine Blutungen sowie die Intaktheit der weissen Substanz im Gehirn beurteilt werden. Zudem besagen einige Studien, dass ein erhöhter Wert im Biomarker S100beta, welcher im Blutbild gemessen wird, mit neuropsychologischen Defiziten bei LTHV-Patienten korreliert. Bisher wurden jedoch noch nie gleichzeitig MRT, S100beta und neuropsychologische Untersuchungen eingesetzt, um deren Beitrag zur Vorhersage von persistierenden posttraumatischen Symptomen zu untersuchen. Es bestehen derzeit weder für die LTHV noch für persistierende posttraumatische Symptome wissenschaftlich belegte Behandlungsoptionen.
PROJEKTBESCHRIEB
Vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 sollen am Kantonsspital St. Gallen 66 Patienten im Alter von 18-64 Jahren mit LTHV innerhalb von 72 Stunden, nach 3 Monaten und nach einem Jahr neuropsychologisch und innerhalb von 72 Stunden und nach einem Jahr mit modernen Verfahren der MRT untersucht werden. Um Rückschlüsse auf die pathologischen Veränderungen bei den LTHV-Patienten machen zu können, sollen zusätzlich 20 gesunde Kontrollprobanden einmalig mit der gleichen MRT-Sequenz untersucht werden und die Daten der beiden Gruppen verglichen werden. Im Rahmen der routinemässigen Laboruntersuchung bei den LTHV-Patienten in der Zentralen Notfallaufnahme werden wir auch den Biomarker S100beta bestimmen.
Die Hauptstudie beabsichtigt LTHV-Patienten in zwei randomisierten Gruppen von 3 versus 7 Tagen Arbeitsabsenz zu untersuchen und hinsichtlich persistierenden posttraumatischen Symptomen und kognitiver Leistungsfähigkeit zu vergleichen. Bekannt ist, dass physische (z.B. schweres Tragen) und kognitive (z.B. Denkarbeit im Büro) Aktivitäten Symptome nach einer LTHV schlimmer machen können und sogar zu Arbeitsunfähigkeit führen können. Wir gehen davon aus, dass der Normalisierungsprozess am effizientesten abläuft, wenn das Gehirn in den ersten Tagen nach einer LTHV von einer Reizüberflutung in Beruf / Schule abgeschirmt wird. Bisher wurde nicht untersucht, ob zur Erklärung persistierender posttraumatischer Symptome und kognitiver Defizite das Konzept der Anpassungsstörung herangezogen werden kann. Zudem ist der Nutzen einer standardisierten Patienteninformation nach einer LTHV mangelhaft erforscht.
Die Unterstudien haben folgende Ziele:
1. Aufzeigen möglicher Korrelationen zwischen kognitiven und bildgebenden Befunden mittels neuropsychologischen Untersuchungen und MRT-Bildgebung (inkl. SWI- /DTI-Sequenz) bei LTHV.
2. Untersuchung des Zusammenhanges zwischen einer Anpassungsstörung in Folge einer LTHV und persistierenden posttraumatischen Symptomen resp. reduzierter kognitiver Leistungsfähigkeit.
3. Aufzeigen einer möglichen Korrelation zwischen dem initialen Informationsstatus (spezifische Information über LTHV oder keine spezifische Instruktion), dem Auftreten persistierender posttraumatischer Symptome und der neurokognitiven Leistungsfähigkeit.
4. Vergleich der SWI- und DTI-Bildgebung der Patienten mit LTHV mit derer 20 gesunder Kontrollprobanden zum Ruckschluss auf die pathologischen Veränderungen bei LTHV.
5. Korrelation zwischen dem Biomarker S100beta im Blut, MRT und neuropsychologischen Befunden bei LTHV.
Die Diagnose- und Behandlungsempfehlungen, welche aus den Daten der interdisziplinären (Klinik für Neurochirurgie, Klinik für Neurologie, Neuropsychologie, Zentrale Notfallstation, Departement für Radiologie) Studie hervorgehen, können im Kantonsspital St. Gallen umgesetzt werden und sollen in nationalen und internationalen Ärztemagazinen und an Konferenzen verbreitet werden, damit möglichst viele Institutionen die wissenschaftlichen Erkenntnisse umsetzen können.